Regen peitschte in sein Gesicht. Es war hellichter Tag und doch finster wie die Nacht. “Wenn nur dieser grässliche Sturm aufhören würde”, dachte er sich.
Für 2 Schritte die er sich vorne kämpfte, rutschte er wieder einen Schritt auf dem nassen, schlammigen Untergund zurück.
Dann in der ferne sah er etwas. Ein leichtes bläuliches Schimmern. War er tatsächlich am Ziel angekommen? Sollten die Strapazen ein Ende haben?
Um zu erklären was das Ganze auf sich hat und ob das bläuliche Schimmern tatsächlich das Ziel darstellte, muss ich allerdings ein wenig in der Zeit zurückgehen.
Nach meinem Aufenthalt in Napier ging es weiter in Richtung Tongariro Nationalpark. Hierbei handelt es sich um den ältesten Nationalpark Neuseelands und den viertältesten Nationalpark der Welt. Geprägt wird er von den 3 Vulkanen Ngauruho, Ruapehu und wie sollte es anders sein, dem Tongariro. Auf dem Weg zu meinem Motel hatte ich auch schon eine wunderbare Aussicht auf die Vulkane. Das Wetter war, wie auch schon die letzten Tage, einfach super. Ein fast wolkenloser blauer Himmel sorgte für eine klare, kilometerweite Sicht.
Da ich schon relativ früh im Motel angekommen war, entschied ich mich auch gleich ins nahe gelegene Whakapapa Village aufzubrechen, um die erste Wanderung zu unternehmen. Diese führte mich zu den Taranaki Falls.
Die Strecke ist relativ einfach. Die erste Hälfte bis zu den Wasserfällen führt durch einem ebenen, schattigen Wald. Der Weg verläuft parallel zu einem Bach, der aus dem Wasserfall ensteht. Dort angekommen genießt man dann ersteinmal die wunderschöne Aussicht auf das Gebirge und den Wasserfall selbst.
Nach dieser kleinen Ruhepause ging es dann weiter, zurück in Richtung Whakapapa Village. An diesem Punkt beschlich mich dann auch das erste mal das Gefühl, das ich dem Wanderweg genau falschherrum folgte. Denn die Treppe die jetzt kam, war alles andere als einfach. Jede Stufe war unterscheidlich voneinader entfernt und eine war höher als die andere, das zerrte an den Kräften.
Ein weiteres Indiz für meine Vermutung war, das am selben Tag auf dieser Strecke ein Rennen stattfand und mir alle Läufer entgenkamen. Blöderweise scheint es unter wanderen auch Brauch zu sein, sich gegenseitig zu Grüßen, wenn sich die Wege kreutzen. So durfte ich in 2 Stunden grob überschlagen 400 mal Hallo sagen.
Dabei kam ich mir auch fast gar nicht bescheuert vor.
Auf dem Rückweg ändert sich die Szenerie dann schlagartig. Von Wald und Bäumen war nichts mehr zu sehen. Was jetzt folgte war karge Vulkanlandschaft. Der Weg führte vorbei an versteinerter Lava und über unwegsames Gelände hinweg. Bis zum Whakapapa Village ging es jetzt auch fast nur noch bergauf.
Ja, beim nächsten mal würde ich genauer schauen wo der Weg startet und wo er endet.
Wieder am Auto angekommen machte ich mich zurück auf den Weg ins Motel. Schließlich wollte ich am nächten Tag am Tongariro Alpine Crossing teilnehmen.
Hierbei handelt es sich um eine 19 Kilometer Wanderung am Tongariro entlang. Vorbei an Kratern und mineralhaltigen Seen. Ein wahres Naturschauspiel.
Mein Motel bietet dafür den frühesten Shuttle-Service an, den man buchen kann. Dafür musste ich dann aber auch extrem früh aufstehen. Trotzdem freute ich mich schon riesig auf den nächsten Tag.
4.30 Uhr, mein Wecker klingelt. Ich hasste diesen Tag.
Eine eiskalte Dusche, und einen Liter Kaffe säter war ich immer noch im Tiefschlaf. Ideale Voraussetzungen also um auf einem Vulkan rumzukraxlen. Nachdem ich es irgendwie geschafft hatte meine Augen aufzubekommen, habe ich mich auf den Weg zum Bus gemacht. Dort angekommen, habe ich festgestellt, das ich nicht der einzige Frühaufsteher an diesem Morgen war. Über 20 weitere Wanderer wollten sich auch noch auf den Weg zum Crossing machen.
Kurz vor der Abfahrt hat uns unser Fahrer noch über den aktuellen Wetterbericht aufgeklärt und uns mitgeiteilt, das wir das Crossing höchstwahrscheinlich auf Grund starker Winde nicht durchführen könnten. Trotzdem fuhren wir erst einmal zum höhergelegenen Startpunkt um zu schauen, wie das Wetter dort war.
Doch kaum waren wir am Parkplatz angekommen, bestätigte sich unsere Befürchtung. Der Wind hier oben war so stark, das unser gesamter Bus wackelte. Draußen hatten wir schon Schwierigkeiten überhaupt noch Luft zu bekommen. Und da man während des Crossings noch 800 Meter höher geht, war jdem klar, dass das an diesem Tag schlicht und weg nicht möglich war.
Die Enttäuschung stand dann auch jedem ins Gesicht geschrieben, erst recht denen, für die das der letzte Tag im Nationalpark war, wie für mich.
Wieder zurück im Motel wartete dort auch schon die nächste Gruppe, die auch mit dem Crossing starten wollte. Nachdem unser Fahrer denen die Situation nochmal kurz erklärt hatte, hat er uns noch 2 alternative Wanderungen vorgeschlagen, welche nicht ganz so hoch gelegen waren. Um den Tag nicht zu vergeuden entschied ich mich dann für den Tama Lake Walk, einen der beiden Vorschläge. Und da es noch so früh war, war ich dann an diesem Tag auch der erste auf der Strecke.
Nach 30 Minuten setzte zusätzlich zu dem schon vorherrschenden Wind noch Regen ein. An sich kein Problem, da die Kleidung die ich mir extra für die Tage im Nationalpark gekauft hatte komplett wasserdicht sein sollte.
30 weitere Minuten stellte ich dann fest, das die Jacke das nicht war. Da die Sachen die ich darunter trug natürlich nicht wasserdicht waren, wozu auch, war ich kurze Zeit später von oben bis unten klatschnass und mir war schweinekalt. Zum ersten mal in meinem Leben hatte ich wahres Mitgefühl mit den Menschen auf der Titanic.
Umdrehen wollte ich jetzt aber auch nicht, da dann der ganze Tag verschwendet gewesen wäre.
Also machte ich mich weiter auf zu den Tama Lakes. Auch diese Strecke führte einen immer weiter nach oben, womit auch die Winde immer Stärker wurden. Am höchsten Punkt der Wanderung angekommen war der Wind schließlich so stark, das der Regen einem wortwörtlich ins Gesicht peitschte.
Hier kam mir sogar ein Vogel rückwärts fliegend entgegen. Und meines Wissen können das, mit Absicht, nur Kolibris. Das war aber definitiv keiner. Diese Ansicht war schon ein wenig erschreckend.
Der unbefestigte Untergrund war mittlerweile durch den Dauerregen zu einer Mischung aus Schlamm und glitschigem Lavageröll geworden. In dem Schlamm versank ich teilweise mehr als Knöcheltief. Nach insgesamt einer Stunde und dreißig Minuten kam ich dann am unteren Tama See an. Dieser See liegt in etwa auf einer Höhe von 1300 Metern. Zum Vergleich, während des Crossings geht man auf über 1800 Meter.
Und was ich dann sah, war genial. Nämlich gar nichts. Hier oben betrug die Sichweite fast Null, sodass ich an dem See ohne dem nebenstehenden Hinweisschild fast vorbeigelufen wäre.
Da ich mittlerweile durch auswringen meiner Kleidung schon eine Badewanne hätte füllen können, entschloss ich mich, mir den Weg zum höher gelegenen See zu sparen und zurück zum Auto zu wandern. Dabei habe mich dann auch so gut wie es ging beeilt, um aus den Klamotten raus zu kommen. Knapp über eine Stunde später saß ich dann auch wieder im Auto und machte mich auf den Weg in Richtung heiße Dusche.
Um den Tag noch halbwegs sinnvoll zu nutzen, es war schließlich nicht mal 11:00 Uhr, machte ich mich später noch mal auf in Richtung des ca. 100 Kilometer entfernten Taupos. Hier schien dann auch wieder die Sonne und ich konnte noch ein wenig die Aussicht über den größten See Neuseelands genießen. Dann hieß es aber auch wieder zurück ins Motel, um noch ein wenig auszuspannen.
Am nächsten Morgen wollte ich eigentlich um 8:00 Uhr aufstehen, nur war ich um 6:30 Uhr schon hellwach. Hatte ich mir am Tag vorher irgendetwas eingefangen?
Gegen 8:00 Uhr machte ich mich dann auf dem Weg zum auschecken, wo ich dann wieder auf meinen Fahrer vom Vortag traf. Wie er mir dann erzählte konnte das Crossing auch an diesem Tag nicht starten. Und wie es aussah, würde es für die nächsten Tage, wegen der Winde, wohl auch so bleiben.
Zusammenfassend war der Aufenthalt im Nationalpark ein richtig schönes Erlebnis. Ich habe jetzt die Bedeutung von alpinem Wetter am eigenen Leibe zu spüren bekommen und trotzdem eine unglaublich faszinierende Landschaft kennengelernt.
Und das Crossing mache ich auch noch irgenwann.